Donnerstag, 25. November 2010

Mitbringsel aus Deutschland

Mitbringsel aus Deutschland

Ich brachte heute einen grossen Beutel mit auf die Station und füllte ein bisschen Medikamentenschrank und Equipment auf. Zum Teil existieren zwar hier auch schon Dinge wie Blutdruckmanschette und Urinstix aber wenn niemand deren Einsatz fordert, bzw. die Pflegenden in deren Nutzung einweiht, heisst es eben dann „Oh die elektronische Blutdruckmanschette hat keine Batterien mehr, funktioniert nicht, also konnten wir die Blutdrücke eben nicht messen.
Das ist übrigens auch etwas typisch afrikanisches. Man freut sich eigentlich sehr und immer über neue Gebrauchtgegenstände aber das Wertverständnis ist nicht vorhanden. Das heisst die Dinge werden benutzt aber niemand kümmert sich um ihre Wartung oder den behutsamen Umgang mit ihnen. Wenn etwas kaputt geht, landet es in der Ecke, man zuckt mit den Achseln und wartet darauf das irgendwann einmal ein neues Gerät auftaucht, oder es wird eben der Fakt akzeptiert, dass man nun ohne dieses auskommen muss. Auf die Idee, die Dinge zu reparieren kommt niemand, und es kümmert sich auch niemand darum. Die Einweggesellschaft wird einem nicht nur bei den wachsenden Müllbergen im Strassengraben und den nicht vorhandenen Müllkübeln, bewusst. Man lebt hier wirklich viel zu sehr im Hier und Jetzt, nutzt die Dinge solang sie da sind, aber über das Morgen wird sich keine Gedanken gemacht. Seltsam bei einem Volk, das seiner Natur doch so eng verbunden und von ihr so abhängig ist.
Nun wieder zurück auf die Station: Ich brachte einen brandneuen Inhalator zum Vernebeln von Kochsalzlösung oder verschiedenen Medikamenten mit. Da wir ein Kind mit Bronchitis hatten, war die Gelegenheit günstig die Schwestern in die Benutzung dieses Gerätes einzuweisen. Neugierige Blicke folgten meiner Handlung Medikament und Kochsalzlösung in die Öffunung zu träufeln. Dann das Problem der Steckdose, ich hatte nicht daran gedacht einen entsprechenden Adapter mitzubringen, aber man weiss sich zu helfen, überbrückt den dritten Steckdoseneingang mit einem Kugelschreiber und mit etwas Gewalt wird der offensichtlich nicht kompatible Stecker in die Wand gedrückt. Ich kann gar nicht hinsehen...bloss hoffend das das keinen Kurzschluss auslöst. Hamnashida...sagt man mir lachend...kein Problem. Oh je...Aber siehe da, nach dem Anschalten des Stromes rattert das Gerät und versprüht Salbutamol und Kochsalz. Ein Ohhh...und Ahh..der Anwesenden und das Kind im Arm der Mutter führt mit derer Hilfe seine erste Inhalation durch. Ein wirklich schönes Bild. Bleibt nur zur hoffen, dass das Gerät auch nach meiner Abreise weiter genutzt wird und dem afrikanischen Stromnetzwerk nicht zum Opfer fällt.

Dienstag, 23. November 2010

Der erste Tag im Krankenhaus! Dienstag 23.Nov.2010

Der erste Tag im Krankenhaus! Dienstag 23.Nov.2010

Ganz selbstverständlich fand ich meinen Weg am Morgen zuerst zum Frühstück, zu noch demselben Toast mit Erdnussbutter und Bananen wie im letztem Jahr, haha diesmal hatte ich an den guten deutschen Honig gedacht...hmmm, welch ein Genuss...anschliessend zur Frühbesprechung. Dort sassen wir in gewohnter Runde, eine Zusammenschau aus 4-5 Fachärzten, Interns (sowas wie früher bei uns die AiP-ler), norwegischen und holländischen Studenten und mir. Es wird hier gar nicht so eindeutig in der Fachrichtung unterschieden, hier operieren die Pädiater genauso wie auch die Gynäkologen oder Internisten, jeder muss irgendwie alles können (Ausgenommen der 2 Radiologen, die machen dann doch eher vorrangig Schalls, Echos und Bildbefundung). Es war schön in dieser Runde so herzlich willkommen geheissen zu werden. Es bedurfte keiner langen Einführung. Auf der Kinderstation angekommen und damit mitten im Getümmel und in der Action war ich gleich mittendrin. Der erste Versuch einer strukturierten Visite, bzw.das hoffnungslose Suchen nach den Akten, erinnerte mich gleich wieder ans Vorjahr. Auch hier in der etwas improvisierten Kinderintensiv (die nennt sich auch nur so weil sie ein Sauerstoffgerät haben und die Schwestern öfter Blutdruck und Temperatur messen...und man die Kinder etwas mehr im Blick hat) dann die ersten interessanten Fälle: Masern, eine Diabetesmanifestation (dabei fragte ich mich, wie soll man bitte hier unter diesen Bedingungen eine gescheite Diabetesbehandlung und –Einstellung vollführen...zumindest verstanden die Eltern gar nicht worum es eigenlich ging) Herzinsuffizienz wegen rheumatischen Fiebers, mehrfach Sichelzellanämie, Spina bifida (d.h.Wirbelkörper und Haut haben sich nicht über dem Rückenmark geschlossen, und jenes liegt nun frei und vorgewölbt ausserhalb), Amöbenruhr,
Tyhpus, Tuberkulose ect.ect.ect. Es fallen einem auch sofort die lokalen sozialen Unterschiede während solch einer Visite auf...Am Bett eines jeden Kindes (von den Betten gibt es pro Zimmer im Durchschnitt 6-7) sitzt ein Elternteil oder beide 24h/d oder zumindest wenn die Mutter mal unterwegs zum Essen kochen ist, passt die Nachbarmutti vom Bett gegenüber auf. D.h. manchmal geben einem fremde Muttis über den Zustand des Kindes Auskunft (es wird sich schliesslich ausgetauscht) nur wenn es heisst das Untersuchungen anstehen, wird dann plötzlich gebeten doch auf die Mama zu warten die gleich zurück ist. Wenn es heisst das Kind muss länger bleiben gibt es keinerlei Protest, auch wenn die Eltern hier für jeden Tag länger bezahlen muessen. Zur Mittagszeit sitzen dann alle gemeinsam auf dem Boden des Krankenzimmers mit einem zuvor gemeinschaftlich gekochten Kessel Ugali (Maisbrei) und verteilen diesen portionsweise auf die umliegenden Krankenbetten. Unter der Massgabe der Selbstversorgung ist man hier auf das soziale Interagieren und das Teilen untereinander angewiesen und das klappt mit einer wirklich ernstzunehmenden Selbstverständlichkeit. Mir fallen da so manche europäische Vergleiche ein, wo der Krankenhausaufenthalt häufig mit Hotel-Vollverpflegung inclusive-aufenthalt verwechselt wird, Annehmlichkeiten, die für selbstverständlich genommen werden. Die Medizin als Dienstleistung, die man überall zu den bestmöglichen Bedingungen wählen und in Anspruch nehmen kann. Leider tritt dabei häufig das eigentliche Wohl und die Genesung des Kindes in den Hintergrund.

Montag, 22. November 2010

Ankunft in Haydom 22.Nov.2010

Ankunft in Haydom 22.Nov.2010

Der Landcruiser arbeitete sich fernab von allen Strassen durch die hügelige rote Sandlandschaft, ab und an versperrte ein aufgeworfener Erdhügel oder ein entstandenes Wasserloch den Weg, um welches er sich elegant herumwand...während seine Insassen munter auf ihren Sitzen auf und ab hüpften. Vorbei ging die Fahrt an kleinen Dorfsiedlungen, Menschen am Strassenrand die auf ihren (noch immer ohne Licht) Rädern Wasserkanister oder Maissäcke transportierten, Kindern die in ihren Gummieschuhen auch ohne Licht noch im Dunkeln ihren Weg fanden, ab und an ein paar Eseln die am Wegrand standen ... und über alledem leuchtete der Vollmond uns den Weg. Wir kletterten langsam auf eine Höhe von 1500 Metern, was den Motor so manches Mal aufheulen liess. Eine fast mystische Stimmung umfing uns, als wir hoch oben auf einem Aussichtspunkt auf den im Tal liegenden Manyara See blickten. Der Vollmond legte einen silbernen Schleier über seine Wasseroberfläche und ein Meer aus Sternen glitzerte mit jener um die Wette. Je weiter wir uns Haydom näherten desto mehr verspürte ich so etwas wie ein Gefühl des Heimkehrens, als kehre man zurück von einem langen Ausflug, ich war neugierig auf die noch dort verbliebenen Gesichter, ob sie sich wohl an mich erinnerten. Clement stoppte plötzlich vor der Baracke einer kleinen Dorfsiedlung. „Irgendjemand hungrig?“ Da sassen wir dann zusammen um ein kleines Feuer, mitten in der Nacht, auf dessen Flammen eine kleine Pfanne, Bratkartoffeln mit Ei, für uns Reisende brutzelte, eine lokale Spezialität, so scheint es, hier. Schon bald darauf öffenete Haydom Lutheran Hospital seine Pforten für uns. Ich war staubig, müde und so froh nach einer herrlichen Dusche meinen Platz in einem Bett gefunden zu haben. Jetzt war ich angekommen. In der Ferne begleitete mich das Bellen der Hunde und das Zirpen der Zikarden vor dem Fenster in den Schlaf.

Montag 22.November 2010

Eine Sache die man in Afrika lernt, ist stets einen Plan B in der Tasche zu haben, weil Plan A in 99% der Fälle meist nicht funktioniert. Die erste Zwischenlandung in Nairobi: langes Warten auf der Landebahn...Verwirrung...nicht nur unter uns Fluggästen sondern offensichtlich auch beim Bodenpersonal. Ein paar Diskussionen der Crew auf Kisuaheli und die Durchsage, dass sich der Ausstieg um ein paar „wenige“ Minuten verzögert. Man hatte offensichtlich hier nicht mit unserer Ankunft gerechnet, d.h. es musste erst einmal eine Leiter für den Ausstieg organisiert werden, und ein Shuttle-Bus für den Transport zum Terminal. Aufstöhnen unter den Fluggästen...nervöses Herumrutschen in den Sitzen...hatten doch einige, so auch ich, einen knappen Anschlussflug zu erreichen...tja und dieses Maschine stand schliesslich schon abflugbereit ein paar Meter weiter von uns entfernt. Nun „wenig“ später schubste man uns in den abfahrtbereiten Bus und dieser fuhr uns gleich direkt zum nächsten Flugzeug. Die Frage nach unserem Gepäck wurde mit einem sehr sorglosem und zuversichtlichem: „Och, das kommt dann mit dem nächsten Flug, keine Sorge“ beantwortet. Nur das der nächste Flug irgendwann am Abend am Kilimanjaro Airport ankommen sollte.
Ankunft in Tanzania 45 Minuten später. Pass- und Impfausweiskontrolle und dann gings zur Beantragung des Reisevisums...Wer sich erinnert an die Aussage das der Preis je nach Herkunft variieren kann...dem sei gesagt, die Tanzanianer scheinen die Wilhelmshavener doch zu mögen: zahlte doch der nette Herr aus England vor mir 50 Euro für sein Visum und von mir verlangte er „nur“ 50 Dollar. Mit der Währungsumrechnung wird es hier nicht so genau genommen so scheint mir. Ich hab es dann gemanagt. Es wurden anschliessend die Vermisstendaten der noch in Kenia verbliebenen Reisestücke aufgegeben und es wurde versichert, sie würden uns ins Hotel nachgebracht werden, sofort nach Ankunft. Nun eine Taxifahrt später war ich in Arusha und es schien als hätte ich mich gerade von dieser Stadt verabschiedet. Der Geruch, das bunte Durcheinander auf der Strasse, die Mzungu Rufe der Kinder auf der Strasse...es hatte sich nichts verändert. Und es war heiss...mindestens 30 Grad...wenn man bedenkt, dass man bei der Abreise noch die Fensterscheiben hat freikratzen müssen. Es ergab sich, dass ich noch am selben Abend mit Clement, der noch in der Stadt war, Richtung Haydom unterwegs sein sollte. Die Fluggesellschaft hat sich natürlich nicht bei mir gemeldet, es hiess bei meinem Anruf, dass Gepäck sei zwar jetzt da, aber sie wollten nicht extra aus Kostengründen ein einzelnes Taxi losschicken, ich solle doch etwas geduldiger sein.
Clement meinte ich müsse mich erst wieder an die afrikanische Denkweise gewöhnen, und fuhr mit mir zum ortsansässigen Reisebüro in Arusha...und siehe da, oh Wunder, stand mein Gepäck schon abholbereit...komisch oder....? Ich höre einfach auf mich zu wundern, freute mich stattdessen und hüpfte in den bereitsstehenden Landcruiser Clements, glücklich über all die Beinfreiheit, die ich genoss.

Sonntag, 21. November 2010

Sonntag, 21.November 2010

Bin ich mutig? Hmm, darüber hab ich so noch gar nicht nachgedacht, eigentlich halte ich mich selbst manchmal eher für etwas leichtsinnig und schusselig...aber furchtlos? Ich höre manchmal Sätze wie: „Das würde ich mich nicht trauen! Das ist mutig! Das könnt ich nicht.“ Das lässt mich etwas grübeln...So viel Mut und Organisationstalent braucht man eigentlich gar nicht, um sich an den Rechner zu setzen, und mit ein paar wenigen Clicks schwuppsdiwupps hat man die Bestätigung:“Congratulations, your ticket to Arusha/Tanzania has been succesfully booked!“ Ok, zugegeben dann grübelt man ein bisschen...aber eher weil einem plötzlich einfällt das man die Strecke Wilhelmshaven-Frankfurt mit dem Zug etwas unterschätzt hat – und zusammen mit der Tatsache das man vorher erst aus dem Nachtdienst kommt wird das doch verflixt noch mal schon wieder so knapp. Nun ja wie gesagt ich glaube mein Mut setzt sich eher zusammen aus ner Portion Spontanität gepaart mit etwas Verrücktheit und dem tiefen Vertrauen irgendwie werden sich die Dinge hoffentlich schon regeln. Nun also geht die Reise wieder in den Süden Afrikas nach Haydom...ich war mir letztes Jahr noch gar nicht so sicher dass ich schon so bald zurückkehre, aber mir hat es in den Beinen gekribbelt und so trag ich all die Gummitierchen, Sticker, Plüschtiere, Bücher, die Schokolade, ein paar Medikamente und 365 Tage weitere pädiatrische Erfahrung (Hahaha) im Gepäck Richtung Äquator, um sie dort gegen ein klitzekleines Lächeln einzutauschen.
Also die Sicherheitskontrolle am Frankfurter Flughafen hab ich überstanden...auch wenn sie mein Ladegerät wohl für ein „verdächtiges Objekt“ hielten, mich damit ausmusterten und ich mein unschuldigstes Lächeln aufsetzte, um schnell Laptop und Kabel zurück zu erhalten.
Bleibt noch die Frage nach dem Besucher-Visum zu klären: Antwort des deutschen Service Mitarbeiters zaubert mir Stirnrunzeln ins Gesicht: „Das Visum erhalten sie direkt am Flughafen in Tanzania. Es ist für 90 Tage gültig und kostet zwischen 50 und 200 Euro. Es kommt ganz darauf an wo Sie herkommen!“ Mmhh...wohl offentsichtlich aus demselben Mutterland wie er, Spassvogel!......es sei denn die Tanzanianer haben etwas gegen Wilhelmshavener...dann wirds wohl teurer, seis drum. So und nun geb ich mich noch einmal hemmungslos der Konsumwelt hin.....das heisst Starbucks, Kosmetik, Window-Shopping und TV-Flat-Screen. Karibu Haydom...Achtung ich komme!!