Montag, 28. November 2011

Erster Advent und andere Eindrücke

28.11.2011 Safari Njema
Müde und staubig von der langen zehnstündigen Reise nehme ich dankbar den Schlüssel entgegen, den mir Eva fürsorglich entgegenstreckt. Nyumba yako! Trautes Heim. Noch vor ein paar Stunden hätte ich mich noch irgendwo Nirgendwo vermutet. Wenn die Menschen hier etwas auszeichnet dann ist es ihre grosse Hilfsbereitschaft. Und dieser verdanke ich heute Abend mein eigenes Bett. Während in Deutschland die Stollen ausgepackt und die erste Kerze am Adventskranz angezündet wurde, begab ich mich bei 35 Grad Aussentemperatur mutig allein mit meinem grossen vierrädrigen Gefährt-en auf die lange Reise zurück in das wirkliche Afrika. Nicht aber bevor ich mich noch einmal ausgiebig im Shoprite aus den Regalen zu bedienen. Das Getuschel an der Kasse hinsichtlich meines mal wieder üppig gefüllten Einkaufswagens war nicht zu überhören. Den netten Versuch all meine Einkäufe in 100 Plastiktüten zu packen unterbrach ich aprupt mit der Anmerkung ein Grosskarton wäre wohl angebrachter. Und wenig später war ein Shoprite Mitarbeiter damit beschäftigt mit mir das Dach meines Autos mit mehreren Kartons zu beladen. Das Schauspiel beobachtete ein anderer tanzanianischer Kunde, kam dazu und bemerkte dass Vorhaben sei mit den von mir erstandenen Spannriemen nicht zu verantworten. Nahm mich quasi fast buchstäblich an die Hand um auf der anderen Strassenseite bei einem Freund LKW Plane und lange Gummieriehmen und keine 10 Minuten später stand er auf meinem Autodach und verzurrte meine Ladung völlig selbstverständig. Eine weitere Tankfüllung und ein heiratstechnischer Verkupplungsversuch der Tankwirtin meinerseits mit ihrem Sohn später und ich befand mich auf dem Weg Richtung Haydom. Noch erfreute ich mich des geteerten ebenen Untergrundes, der tollen Landschaft, der Sonne und dem Geduldel meiner MP3 Musik, als sich inmitten dieser heissen Idylle plötzlich ungewollt und eigenwillig die Geschwindigkeit meines Autos bis zum Stillstand verringerte. Da stand ich nun mit zischendem qualmendem Motor, mitten im Nirgendwo. Von einem entfernten Farmergrundstück näherten sich neugierige Kinder und zwei junge Männer meiner Hilflosigkeit. In bestem Sonntagskiswaheli erklärte ich das mir Kühlerwasser fehlt und der Motor überhitzt ist. Wenig später sah man laufende Kinderbeine, die aus der angrenzenden Wasserpfütze kleine gefüllte Eimer brachten und zwei Männer die scheinbar genau wussten was sie taten. „Hamnashida“ grinsten sie mit weissem Lächeln meiner in Sorgenfalten gelegten Stirn entgegen, „kein Problem“. Sie behielten recht und wenig später rollte ich auch schon wieder…nur leider mitten in ein Polizeikontrolle zweier männlicher Beamter. Natürlich waren die Fahrzeugpapiere in Haydom und mein Führerschein auf dem Autodach unter 2m LKW Plane und unerreichbar. Zeit für Sonntaskisuaheli und mein charmantestes Lächeln das ich in dieser Situation auch nur irgend aufbringen konnte. Es hat mich fast 40 Minuten small talk Konversation über Deutschland, Angela Merkel und ja auch meine Heiratsabsichten hier in Tanzania gebraucht um dem Bussgeld zu entgehen. Die zwei Beamten hatten sichtlich ihre Freude an meiner Anwesenheit, insbesondere nachdem sie sich versichert hatten dass ich wirklich bereits mit 30 Jahren mehr als im heiratsfähigen Alter bin. Weit kam ich aber wieder nicht, wenigstens reichte es bis zur nächsten Tanksäule, wo man kopfschüttelnd feststellte, dass ich ein Leck im Kühler hatte, dass eben nicht mit dem vom Mechaniker ausgespuckten Kaugummie zu kitten war. Da war sie wieder die Sorgenfalte in meiner Stirn. Meine Hoffnungen Haydom noch am Abend zu erreichen schwanden mit der Anzahl der herbeigerufenen Helfer. Man drückte mich sanft in einen Plastikstuhl und zeigte mir erneut das Zahnpastalächeln. Subiri! Warte! Eine Frau brachte plötzlich aus dem Nichts einen grossen Teller Reis, Ugali, Fisch, Gemüse, Spinat und eine grosse Flasche Wasser. Ein Mann wurde losgeschickt einen Löffel zu holen, damit sich die Mzungu beim Essen nicht die Hände dreckig macht. Genüsslich teilte ich mit der Frau das herrliche Essen in Gesellschaft der einsamen Zapfsäule, während die Männer eifrig meinen kompletten Kuehler ausbauten, löteten, diskutierten, mit Wasser fluteten, erneut diskutierten. 1,5 Stunden später völlig unerwartet dann das erlösende Tayari, Fertig bitte Motor starten. Und geschmeidig wie ein Kätzchen als wäre nichts gewesen begrüsste mich das vertraute Rumpeln meines Toyotamotors. Nur ganze 20 Euro (umgerechnet) für die Reparatur, das Essen und weiteres Sprachkursintensivtraining kostete mich die ungeplante Pause. Weiter auf der Strasse begleitete mich mit jedem gewonnenen Höhenmeter neben der atemberaubenden Aussicht der besorgte Blick auf meine Kühleranzeige. Nein, sie blieb im grünen Bereich, puh. Kazi nzuri, gute Arbeit Jungs. Was bei uns in Deutschland TomTom-Navi und Co leisten, übernimmt hier das lokale tanzanianische Navigationssystem, bestehend aus einer Vielzahl von Leuten die entweder zu Fuss, auf Fahrrad, Pikipiki (Motorrad), mit Ziegenherde oder ähnlichem meinen Weg am Strassenrand begleitet. Wann immer man das Fenster runterkurbelt gibt es weitere Instruktionen und wenn der Fragende zu sehr verloren ausschaut dann steigt man auch einfach mit ins Auto und fährt mal eben 45 Minuten bis zur gesuchten Strasse mit, für ein kleines Trinkgeld für den anschliessenden erneuten Rückweg. Für das Problem der einbrechenden Dunkelheit und der noch verbliebenen 60 Minütigen Fahrzeit fand sich dann auch die perfekte Lösung. Zwei mehr als dankbare Mitfahrer, die ihre Eltern in Haydom besuchen wollten und sich neben ihrem Navigationstalent auch noch als sehr unterhaltsame Mitfahrer und Sprachlehrer entpuppten. Als Fahrtgeld prangt jetzt ein grüner unbekannter taubeneigrosser hellgrüner Stein auf meinem Regal.

Mittwoch, 16. November 2011

Spirale der Gewalt

Man kann dieses Land, so glaube ich erst verstehen, wenn man längere Zeit hier zu Hause war und sie alle durchlebt hat, die guten wie auch schlechten Erfahrungen. Und selbst dann wird man zu dem Schluss kommen, dass man es nie ganz begreifen wird, dass ein Menschenleben gar nicht ausreichend ist, die Strukturen und Gepflogenheiten ganz zu druchblicken. Es fällt mir ja schon schwer den Grund meiner Entscheidung hierher zu kommen in Worte zu fassen. Gerade eben weil es kaum verbalisierbar ist, das, was dieses Land zu etwas so Besonderen macht. Ich führe die Faszination die von allem hier ausgeht immer auf die stetig präsenten Gegensätze zurück denen man sich hier immer gegenübersieht. Mir hat mal jemand gesagt in Europa pendelt das Gefühlsbarometer immer um einen gedachten neutralen Nullpunkt mal mit mehr, mal mit weniger Ausschlägen. Wir sind immer sehr darauf bedacht alles schön im Gleichgewicht zu halten. Hier gleicht die aufgezeichnete Kurve einem permanenten Dauererdbeben auf der Richterskala mit maximal positiven wie negativen Zacken die sich nur höchst seltenst an eine gedachte Mittellinie halten. Und so findet sich das Leben hier von einem Moment der absoluten Freude plötzlich in einem Bereich absoluter Fassungslosigkeit wieder. Diese Erfahrung machten wir erneut am vergangenen Wochenende. Wir genossen einen herrlichen Nachmittag am Pool des 5 Sterne Impala Hotels mit allen Annehmlichkeiten, fanden anschliessend eine Shoppingmall die den unseren mit ihren Geschäften in nichts nachsteht. Natürlich gönnte man sich gierig einen Cappuccino und im anschliessenden Kinofilm eine riesige Tüte Popcorn. Nach einem fast merkwürdig europäisch anmutendem Abendprogramm traten wir die Heimreise zurück zum Collegegelände an. Ich sass am Steuer und ärgerte mich schon zu Anfang an über die entgegenkommenden Fahrzeuge die mit voll aufgeblendeter Festagsbeleuchtung die Sicht fast unmöglich machten. Einige Kilometer ausserhalb der Stadt, gar nicht mehr weit von unserem Campusgelände, musste ich aufgrund zweier quer stehender Fahrzeuge plötzlich die Geschwindigkeit drosseln. Aber ausser ein paar Ästen auf der Fahrbahn konnte ich nichts grosses erkennen, was ihr bzw. unser Weiterfahren behindern sollte. Langsam verringerte ich unseren Abstand und hielt meinen Nebenmann an, doch eben mal nachzufragen, was der Grund für den Verkehrsstillstand war, als eine grosse Menschenmenge aus dem Nichts auftauchte. Im ersten Moment dachte ich, sie hätten vielleicht im angrenzenden Dorf eine grosse Feier gehabt und würden die Festlichkeiten nun ausweiten, als plötzlich die ersten Steine gegen uns flogen. Schnell war klar, das hier feindliche Absichten bestanden. Die ersten kleineren Wurfgeschosse trafen nur den grossen Stahlrahmen meiner Kühlerhaube, aber weitere und größere folgten. Vor mir tauchten aus dem Dunkel wütende Gesichter auf, die Steinbrocken mit beiden Händen haltend, rennend in meine Richtung trugen. Die Autos vor mir hatten bereits begonnen ein hektisches Wendemanöver einzuleiten. Das Geräusch klirrenden Glases im Hinteren des Autos riss mich aus meiner anfänglichen Schockstarre und machte mir die Gefährlichkeit der Situation nur allzu deutlich. Es gab nur einen Ausweg. Um meine Frontscheibe und uns zu schützen brachte ich das Auto erst seitlich gegen einen Frontal-Angreifer um dann im Steinhagel und gefolgt vom Geräusch der dafür geopferten Seitenscheiben des Autos, in drei Zügen zu wenden und anschliessend im 2. Gang davonzubrausen. Somit sind wir wohl unserer eigenen Steinigung nur knapp entkommen. Glücklicherweise wurde niemand von uns verletzt. Ein uns folgender Jeep gab uns über eine- Schleich und Alternativroute durch Wälder, Privatgrundstücke ect. dann Geleit bis zum Campusgate, so dass wir die Nacht sicher und in unseren eigenen Betten verbringen konnten. Was da passiert war, erfuhren wir erst in seiner ganzen Ausführlichkeit am nächsten Tag. Wir waren in eine Art eskalierte Form von Bürgerwehr und Selbstjustiz geraten. Wenige Stunden zuvor war an eben dieser Stelle ein junges Mädchen von einem Bus überfahren worden. Das besonders Tragische war, dass Ersthelfer und Unfallopfer beim Rettungsversuch ein zweites Mal überrollt worden sind, mit tödlichem Ausgang. Die Anwohner hatten wohl schon aufgrund gehäuft ähnlicher Ereignisse dort, Massnahmen von der Polizei gefordert, aber nichts war passiert und so hat das Dorf im Zusammenhang mit diesem tragischen Ereignis Selbstjustiz üben wollen. Das man hier Gewalt mit Gewalt vergilt, sahen wir dann auch am Folgetag auf der Polizeistation. Ein Mitläufer des Vorabends wurde dort in deutlich geläutertem Zustand und offensichtlichen Zeichen äusserlicher Gewalt (milde ausgedrückt) in eine Zelle gestossen. Um den Schluss auf die Gegensätzlichkeit innerhalb des Erlebten zu ziehen, das Dorf bekam die Geschwindigkeitsbegrenzung in Form von "Speed-Bumps", Geschwindigkeitsbollern auf der Strasse und ich sofort Hilfe von allen Seiten angeboten. Die Fenster sind wieder heil um die Beulen kuemmere ich mich später. Um eine Erfahrung sind wir alle reicher. Aber um diese Spirale der Gewalt zu durchbrechen, der sich hier als Problemlösung so bequem bedient wird, bedarf es mehr als nur Fensterrahmenkitt und Strassenteer.

Samstag, 12. November 2011

12.11.2011 Der Feind schläft nicht

Man könnte jetzt ebenso eine agrikulturelle Debatte starten, ob es die Gurken, Tomaten oder Avocado gewesen sind, nur denke ich so etwas wie ein Gesundheitsamt hier noch nie gesehen zu haben, also hat es letztendlich keine Konsequenz. Und wer glaubt die EHEC-Krise sei Schnee von gestern und man sei ihm entkommen dem fiesen Darmbakterium, der sei gewiss, der Feind schläft nicht, er folgt einem sogar bis nach Tanzania. Leider hält ihn auch keine elektrischer Zaun des College Campus davon ab, sich unter fleissigen und HUNGRIGEN! Besonders SALATLIEBENDEN! Studenten auszubreiten. Zugeschlagen hat er heimtückisch über Nacht, und die Campusleitung wurde stutzig, als am Folgetag in den einzelnen Klassenräumen plötzlich vereinzelt aber recht konstant Stühle leer blieben, was sicher nicht an den didaktischen Fähigkeiten der Lehrenden lag. Ich stand leider auch auf der Liste, befinde mich derzeit aber wieder in einer aufrechten Körperposition . Zwei Leute der Gruppe kamen in den Genuss eines lokal tanzanianischen Krankenhauses. Während die besorgte Frau vom Empfang auf ihrem Rundgang durch das Gelände bestimmt dreimal am Tag an meine Tür klopfte, um zu fragen, ob ich jetzt auch ins Krankenhaus „möchte“, was ich jedesmal genauso freundlich wie vehement verneinte. Hapana asante! Warum bloss…? Zumindest wissen wir jetzt dank gründlicher Diagnostik der lieben Kollegen, das der Übeltäter EHEC heisst und mit dem besorgten Cipro geht es uns allen sehr viel besser. Im Essenssaal haben wir einen „EHEC-Stammtisch“ eröffnet und der Koch hat uns die letzten Abende Hühner-Nudel-Gemüsesuppe auf besonderen Wunsch gekocht, das nenne ich Krankenpflegeservice FirstClass.

Dienstag, 8. November 2011

Ninajifunza Kiswaheli 07.11.2011

Ninajifunza Kiswahili hapa TCDC. Ninafanya kazi katika Haydom Hospital lakini sasa mimi ni mwanafunzi wa Kiswahili. Ninakaa UsaRiver na hapa na nzuri sana.
Was soviel heisst, wie ich habe hier das Paradies auf Erden gefunden. Na gut, für alle die es genau wissen wollen, oder gar den Ehrgeiz haben es nachzugoogeln, folgt die Übersetzung meines bisherigen zweitägigen Fremdsprachenfortschrittes in Kisuaheli:
"Ich lerne Kisuaheli hier im TCDC College. Ich arbeite zwar im Haydom Hospital aber jetzt bin ich ein Student des Kisuaheli. Ich wohne in UsaRiver und hier ist es sssseeeeehhhhr schön!"
Den Rest erspare ich meinen geduldigen Lesern und schmücke den Text stattdessen mit Details. Seit Montag Morgen also drücke ich nun ganz wie in alten Zeiten, bloss dass die schon 12 Jahre! her sind die Schulbank und lerne am TCDC College Kisuaheli. UsaRiver ist ein kleiner Ort 20 Autominuten von Arusha entfernt. Das TCDC bietet neben Sprachkursen, Seminare und verschiedene Workshops an. Als Student ist man hier auf dem Campusgelände in kleinen Single-Dorms untergebracht. Fast ein bisschen wie zu Studentenzeiten. Insgesamt fühlt es sich ein bisschen so an, als wäre man auf Klassenfahrt. Ich glaube behaupten zu können, es gibt in ganz Afrika keinen Ort wie diesen hier. Die Abläufe, der Tages-und Wochenplan sowie die Örtlichkeiten hier sind durchorganisierter als ein Schweizer Taschenmesser. Wir haben einen festen Stundenplan, es gibt pünktliche Pausen- und Mahlzeiten und nach dem bisher Gewohnten erscheint das hier Gebotene wie ein 5 Sterne Luxusurlaub mit all inclusive. Das Campusmotto lautet je mehr die Schüler verwöhnt werden, sowohl gustatorisch als auch wohnlich, desto bessere Lernerfolge erzielen sie :-) In gewisser Weise haben sie damit auch recht, zumindest bin ich nach 2 Tagen schon ein ganzes Stück weiter in meinen Kenntnissen. Es macht in kleinen 5 er Grüppchen mit Lehrerfrontalunterricht auch gar keinen Sinn sich unter dem Tisch zu verstecken, man wird trotzdem drankommen und muss reagieren. Neben dem didaktischen gibt es auch ein sportliches Angebot mit Fitnessraum und Aerobicstunden zweimal wöchentlich. Da fiel es auch gar nicht schwer mich an meinen Geburtstag rundum versorgt zu wissen...mit Abschluss-Drink am Abend in der Campusbar :-) So macht Afrika rundum Freude.
Ninafuraha sana!!!

Safari Njema 05.11.2011

Hier in Tanzania benutzt man den Ausdruck "wie ein Cashew-Nuss" geschlafen zu haben, wenn man eine eher ungemütliche Nacht verbracht hat. Diese gekrümmte Nussform musste ich unter den weissen duftenden Laken meines grossen Arusha Hotelluxusbettes nicht annehmen, sondern kann in gestreckter und beinah diagonaler Ausrichtung meinen Träumen entgegenlächeln. Dabei bin ich mächtig stolz mich und meine beiden Begleiter in der ersten grossen Fahrt mit dem Toyota sechs Stunden lang zielsicher durch das tanzanianische Buschland manövriert zu haben. Es hat aber auch mindestens genau so lang gedauert sich den Staub der Strecke von der Haut und aus allen Körperöffnungen herauszuschrubben unter der Dusche. Inclusive einer kleinen Rettungseinlage meiner Zimmernachbarin, die ich lautstark zur Hilfe rufen musste, da sich die ordnungsgemäss von mir verschlossene Duschkabine nun leider nicht mehr ganz so ordnungsgemäss von mir öffnen liess. Ich wollte mir das Darüberklettern, sowie das eventuell entgeisterte Gesicht eines pickierten tanzanianischen Hoteliers aber unbedingt sparen und hatte Glück eine technisch so begabte Kumpanin dabei zu haben.

Tumaini Freitag 04.11.2011

Tanzania ein Land der Gegensätze, nicht nur örtlicher Natur sondern auch in seinen alltäglichen Umständen. Noch am Freitag Abend glaubte ich mich am Ende meines Idealismus. Na siku rangi ya nyeusi. Ein schwarzer Freitag. Trotz all der zweiwöchigen Bemühungen stirbt mein Frühchen am Tag der geplanten Transfusion und auch die unerwarteten Widerbelebungsversuche (40 Minuten!) eines 8 jährigen Jungen mit Lungentuberkulose bleiben letztlich ohne Erfolg trotz geglückter Intubation, ausreichend Helfern und Notfallmedikamenten. Zurück bleibt nur die Trauer der Eltern und die nagenden Selbstzweifel. Man ist hier leider nur so gut wie seine Helfer und das Equipment um einen herum. Die Sprache der Trauer versteht man auch ohne Sprachkurs, sie auszudrücken hingegen fällt nicht jedem leicht. Ein stilles in den Arm nehmen oder Hand auf Hand legen hat hoffentlich den Eltern mein Mitgefühl ausreichend nahe gebracht. Der Stationsalltag hingegen bleibt nicht lange still stehen, er dreht sich weiter. So sah ich mich wenig später schon neben Eva im OP stehen und habe unter ihrer geduldigen Supervision und ihrem beherzt konsequentem Eingreifen meine erste Shuntoperation absolviert. Für alle Nichtmediziner an dieser Stelle ein kurzer Exkurs in die Neuropädiatrie: aufgrund vieler unbehandelter Hirnhautentzündungen und auch angeborener Fehlbildungen gibt es hier etliche Kinder mit Abflusstörungen des Hirnwassers mit resultierendem Antstieg des Hirndruckes und Umfangsvermehrung des Kopfes...im Volksmund auch "Wasserkopf" genannt. Diese benötigen ein Drainagesystem, was in die Hirnwasserräume eingebracht wird und über ein Ventil und einen unter der Haut verlaufenden Schlauch den Abfluss des Liquors/Hirnwassers in den Bauchraum regelt. Schon mächtig spannend...viel spannender aber finde ich die Idee von uns, diese Kinder am Ende eventuell über eine in Zukunft speziell eingerichtete Ambulanz weiter zu verfolgen, sie mit wöchentlicher Physiotherapie und follow up Untersuchungen zu versorgen, wenn es gut läuft auch mit finanzieller Unterstützung unseres Vereins HaydomFriends, das heisst im Konkreten auch Fahrzuschüsse für die Transporte in die Klinik an die Eltern zu zahlen um den kleinen Patienten damit eine bessere Prognose zu erwirken. Tumaini, das heisst Hoffnung! Wir hoffen dass sie am Ende unser Begleiter sein wird.