Sonntag, 7. April 2013

Ein traurig kleines Wunder





Haydom ist ja sehr bekannt für seine Kuriositäten und Seltenheiten. Diese Geschichte aber sorgte selbst hier im Dorf für einen Massenauflauf  an Paparazzi und Neugierigkeit. So erblickte hier im Kreissaal der Frauenstation ein siamesicher Zwilling das Licht der Welt. Um exakt zu bleiben handelte es sich nur um ein komplettes Neugeborenes dem Kopf und Rumpf des Geschwisterkindes am Nabel angehangen war. Dieses war allein nicht als vollständiges Individuum zu bezeichnen ohne eigene Organe wurde es von der Blutversorgung des grossen Kindes mitversorgt und am Leben gehalten. In diesem Fall stösst man selbst in der Definition des Mensch-Seins und am Leben-seins an ethische Grenzen.  Alle Untersuchungen und ein CT zeigten ein normal entwickeltes grosses Geschwisterkind mit eigenständgigen physiologisch normal positionierten Organen so dass Hoffnung auf eine lebensrettende Trennungs-Operation bestand. Mit einer sehr talentierten und befreundeten Kinderchirurgin aus Arusha (Dr.Catherine) vereinbarte und plante  ich den Versuch einer Verlegung und Operation. Pat der Pilot von FMS war wieder einmal verlässlich und engelsgleich bereits eine Stunde später wie vereinbart auf dem Haydomer Landeplatz angekommen. Die noch sehr jungen Eltern wünschten den Versuch einer OP waren nach versprochener finanzieller Hilfe bereit die Verlegung zu wagen. Einziger und grösster Wehrmutstropfen war die Informationsgeilheit des gesamten Krankenhauses inclusive nichtmedizinischen Personals. So stand die Tür einladend wie zu einem Museums-oder Zoobesuch zum Krankenbett der Kinder offen und Schwester, Arzt, Freund, Putzpersonal, Dorffotograph und wer sonst noch so von der Neuigkeit erfahren hatte gaben sich die Klinke und den Fotoapperatauslöser in die Hand. Der Verband wgzeurde abgerissen, erneuert und wieder abgerissen für eine „tolle“ Aufnahme…ich kam als Ärztin kaum noch an das Bett heran, bis ich alle nichtautorisierten Menschen aus dem Zimmer geworfen hatte. Das war letztlich vielleicht der Grund für den weiteren Verlauf.  Die Verlegung klappte bilderbuchmässig Ambulanz stand bereit als ich mit dem Sauerstoffpflichtigen Kind, Pulsoxy und Perfusor im Arm heraneilte. Leider gibt es im Auto keinen Sauerstoffanschluss und so schrie ich den Fahrer an das Gaspedal durchzutreten nachdem der auch erst mal seinen Fotoapperat gezückt hielt. Mit einem langsam blau werdendem Kind im Arm rasten wir über die Haydomer Buckelpiste, durch das gerade aufgerissene Krankenhausgate Richtung Flugplatz wo Pat schon mit Sauerstoffzylinder und Flugzeug wartete. Daran angeschlossen erholte sich die Gesichtsfarbe des Säuglings und mein Adrenalinspiegel rasch. Mutter und Kind wurden auf dem Rücksitz festgeschnallt ich übereichte Pat Verlegungspapiere, CT Bilder und nachdem die Ambulanz an den Flugplatz in Arusha bestellt war ging die Reise für die kleine Familie los und wenig später erhob sich das Flugzeug über unsere und die Köpfe vieler weiterer neugieriger Dorfbewohner empor. Der weitere Verlauf der Geschichte lag nun nicht mehr in meiner Hand. Vielleicht war es die Vielzahl an ungewollten Besuchern, eine sich entwickelnde Infektion oder einfach göttlicher Wille das der Zwilling nach einer geglückten Verlegung in der Nacht vor der OP im ALMC Krankenhaus Arusha plötzlich in einen Herz-und Atemstillstand verfiel aus welchem ihm die Ärzte dort nicht mehr retten konnten. So hat die doch ganz vielversprechend begonnene Rettung leider einen traurigen Ausgang. Ich habe mich entschlossen über meinen Verein Haydomfriends Krankenhaus und Reisekosten für die Eltern und das Kind zu übernehmen damit ihnen selbst in der Zeit der Trauer ein bisschen Unterstützung gewiss ist. Man muss sich eigestehen dass wenn man sich das Wunder am meisten wünscht es leider oft hier nicht eintrifft und es gibt viele viele Fälle die zunächst hoffnungsvoll beginnen und dann doch traurig enden. Dennoch verlieren wir nicht die Hoffnung und hoffentlich nicht die Motivation immer wieder an Wunder zu glauben.

Olav das Osterei


Während bei uns zu Haus die Ostereier wohl in der weissen Schneepracht versinken suchten wir den tanzanianischen Osterhasen in diesem Jahr auf Sansibar.  Mit dem  Besuch meiner Schwester und ihres Freundes war auch mir eine kleine Haydompause vergönnt. Gemeinsam ging es auf Pumba, Timon und Simbajagd und anschliessend im Flieger auf die Gewürzinsel.  Durch die Gassen von Stonetown schlendern, in den unzähligen kleinen Boutiquen zuviel Geld lassen am Fhoredani Garden am Abend wenn die Sonne untergegangen ist im Gaslampenschein Kokosbrot, Pizza und Seafood geniessen und im Dhow Palace Aladin und Ali Baba spielen. Ja wir hatten sicherlich eine schöne Zeit. Das Reisehighlight stellte aber mit Abstand der Heimflug dar. Ein vom Frühstückstisch entwendetes hartgekochtes Reiseproviant – Ei sorgte an der Flughafenkontrolle für unerwartet grosses Aufsehen. Die Röntgenkontrolle des Handgepäcks zeigte wohl einen seltsam verdächtigen Handgepäcksbefund und als das Ei ans Tageslicht befördert wurde sah man in die verwunderten Gesichter des Sicherheitspersonals am Stonetowner Flughafen. Was auch immer sie hinter der weissen Schale vermuteten, auch die Lichtkontrolle, der Hör – und Schütteltest auch die mehrfach herangerufenen Kollegen brachten keine Klarheit. Meine Schwester wünschte höflich frohe Ostern und versuchte ihren kleinen weissen Freund  als Ostergeschenk  den verdutzt dreinschauenden Kontrollpersonal zu überlassen das irritiert ablehnte. Ihr wurde letztlich die Mitnahme ihres Ostereies genehmigt und um der Schöpfung die Krone aufzusetzen wurde es anschliessend von uns mit Gesicht und Farbe versehen und auf den schönen Namen Olav getauft. Nun folgte uns Olav in den Flieger bekam seinen eigenen Sitzplatz am Fenster, wurde der Stewardess vorgestellt und mit den grossen Vögeln abgelichtet. Die weitere Reise ins kalte Deutschland ist nicht dokumentiert.  Vielleicht hat Olav bei der Ankunft am deutschen Flughafen auch einen Besitzer gefunden, vielleicht ist im ihm bei den eiskalten Temperaturen auch der Dotter eingefroren  oder er hat sich aus lauter Heimweh im Schnee eingegraben. Vielleicht ist ihm aber auch ein tanzanianisches Osterküken entschlüpft. Fakt ist dass die Verbreitung von kleinen Olavs in Tanzania zu Ostern ein eher unbekanntes Phänomen ist und es dem Humor der Sicherheitsbehörde zu verdanken ist das Olav eine solche schöne Reise vergönnt war!