Samstag, 28. Januar 2012

Entscheidungen







Manchmal ist es gut sich auf sein Bauchgefühl zu verlassen wenn gleich das auch bedeuten mag dass man oft mindestens genauso viel Beharrlichkeit an den Tag legen muss . Ich weiss zwar noch nicht wie der finale Ausgang der folgenden Begebenheit sein wird, aber ich hoffe doch sehr postitiv. In vielen Situationen kann man den Kindern nur eine zweite Chance schenken aber sie sind anschliessend doch wiederum sehr dem Schicksal üerlassen. Wie auch der kleine 3 jährige Junge den ich am späten Nachmittag ohne Bewusstsein auf der Station vorfand. Er war bereits voroperiert mit einem Liquorshunt versorgt vor einem Jahr. Er zeigte sich mit typischen Symptomen eines zu hohen Hirndrucks was mich an der Funktionsfähigkeit des Shunts zweifeln liess. Dumm nur dass der kleine Patient einen positiven Malaria Nachweis hatte…übrigens der einzig positive den ich jemals hier zurückbekommen habe…Dieser wurde ihm nur beinah zum Verhängnis. Mit dieser Diagnose wird man hier nur auf i.v. Quinin gesetzt und abgewartet. Mir war schon klar dass ich um diese Zeit kein OP Team mehr zusammenstellen konnte, eine mehrfache und mehretagige Liquorpunktion zur vorrübergehenden Drucksenkung, sozusagen ein künstlich geschaffenes spinales Liquorleck über Nacht, liess ihn dann tatsächlich etwas aufklaren was unseren Verdacht eben noch erhärtete dass es nicht die Malaria war die ihn im Koma hielt. Doch nun galt es am Folgemorgen die Anästhesie von der Dringlichkeit der OP Indikation zu überzeugen…die hatte aber gerade ihren Diskussionsdienstag und hielt mit aller Beharrlichkeit an der Malariatherorie fest, da half es auch nicht dass ich nach mehrfachen unterschiedlichen Diskussions- und Argumentationsansätzen, wohl schon sichtlich schärfer im Ton, gedanklich zumindest mit dem Fuss aufstampfte. Verstärkung bekam ich durch eine norwegische Neurologi n die zur Zeit hier in Haydom ist, die ich zu argumentatorischen und authoritätssteigernden Zwecken dazurief. Trotzdem verlagerte sich der OP Zeitpunkt dann noch aufgrund fehlender steriler OP Kleidung, einer noch eiligen Sektio, die dann doch eher als geplant deklariert wurde, in den späten Nachmittag hinein. Man hat mich fast senkrecht Wände erklimmen sehen. Am Ende fand ich unter der OP das alte Shuntende völlig deplatziert und funktionslos unter der Kopfhaut liegend…da blieb nur die Entfernung dessen und die Implantation eines neuen Systems auf der anderen Kopfseite. Glücklicherweise lief alles gut und der kleine Patient erholte sich anschliessend auf Station. Trotz dass er begonnen hat wieder auf seine Umwelt zu reagieren, ist er bisher noch immer in einem halbwachkomaartigen Zustand aus dem wir es leider nicht geschafft haben ihn bisher zu befreien. Die zweite Chance die er bekam, lässt sich leider durch uns nun nicht mehr zum positiveren verbessern.

Die fliegenden Ärzte

Es gibt sie doch die kleinen Wunder. Und umso schöner wenn man ihnen ein bisschen auf den Weg helfen kann. Samstag Abend Einlieferung eines kleinen 5 jährigen Jungen, dem wohl eine ungekochte Bohne über die Luftwege in die rechte Lunge geraten war, welche nun die Atemwege blockierte. Dumm nur, dass das einzige Bronchoskop zum Entfernen des Fremdkörpers (wie sollte es auch anders sein) kaputt ist. So fand ich den kleinen Patienten also sichtlich atemgestresst und intubiert vor. Schnell war klar das Kind gehört verlegt...zumindest theoretisch wie man befand, da sich die Verwandten keinen Flugzeugtransport leisten konnten und eine Amublanzwagenverlegung ohne Sauerstoff, 8 Stunden durch den tanzanischen Busch mit einer Schwester, die masekenbeatmet völlig absurd erschien. Ich entschied mich für die Variante "Überleben" und ich konnte für den Folgemorgen einen Piloten des "Flying Medical Service" sowie medizinische Begleitung organisieren. Pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt lag der Junge in der Propellermaschine, zeitnah wurde er am Ankunftsflughafen schon von einer Ambulanz erwartet und wenig später war er den lästigen Fremdkörper auch los. Laut Aussage ist er bereits entlassungsfähig und wird dann wohl auch auf dem Landweg gesund nach Haydom zurückkehren. Ich hab mich dazu entschieden die Kostenfrage durch HaydomFriends beantworten zu lassen. Einen Teil wird der Verein tragen, den Rest wird uns der Pilot erlassen. Man sieht das es sie doch gibt die TEAMARBEIT und die Erfolgsstories.

Dankbarkeit auf Afrikanisch

Dies ist eine typisch afrikanische Story, die das Leben hier schrieb, und die am Ende zumindest für einen eher einen unglücklichen Verlauf nahm. Die Mutter des von mir operativ mit einem VP-Shunt versorgten Kindes, konnte mit ihrem kleinen Jungen in der letzten Woche nach einem langen Krankenhausaufenthalt endlich nach Haus entlassen werden. Die Freude allein darüber war schon gross genug, nicht minder ihre Dankbarkeit darüber, dass HaydomFriends die für sie untragbaren Krankenhauskosten übernommen hat. Eben diese Dankbarkeit drückte sie in der letzten ambulanten Wiedervorstellung aus, indem sie mir höchst feierlich und mit einem strahlenden Lächeln einen lebendigen Gockel überreichte. Das Tier hatte mehrere Talente, zum einen startete es punktgenau 5 Uhr in der früh seinen musikalischen Weckruf, ausserdem fand es immer zielgerichtet seinen Weg zurück zum Haus und in mein Salatbeet, und es zeichnete sich durch ein hohes Mass an Sozialität aus, hatte es doch auch den Pfortenwächtern am Gate einen spontanen Besuch abgestattet, dort sah ich es an der Krankenhauspforte stehen und den Besuchern entgegenkiekerikien aus völlig freien Stücken. Dumm allerdings dass es heute Morgen zurück in meine Waschküche geflattert kam, genau zu dem Zeitpunkt als Paulina kam. Die fand das Tier und war sich dessen Zweck jeglichen Zweifels ungetrübt sicher. Und mir die Entscheidung über den weiteren Aufenthaltsort des Tieres zu erleichtern, entschied sie das Gefrierfach sei perfekt und machte den armen Hahn einen Kopf kürzer. Die Afrikanische Art des DANKE sagens

Donnerstag, 5. Januar 2012

Pädiater in Action


Der stolzeste Rucksackträger seit es tragbare Ultraschallgeräte von SONOSITE gibt!

Neues Jahr, neue Herausforderungen!



Heri za Mwaka Mpya
Ein gesundes und frohes Neues Jahr allen Leseratten und Mentalunterstützern. Ich begruesse Euch heute in einem traditionellen Datoga-Outfit, dass mir eigens für die Neujahresfeier massgeschneidert wurde. Eigentlich war es ein Neujahresgeschenk einer sehr gut befreundeten Familie hier, denn ich hatte ja versprochen dem armen Dorfschneider hier eine kleine Pause zu gönnnen. So gesehen hatten wir eine sehr schöne Neujahresfeier mit Buffet und Karaoke nur auf das Feuerwerk mussten wir verzichten dass ist in ganz Tanzania nämlich untersagt...und nein alternativ wurden auch keine Frösche aufgepustet oder Glühwürmchen in die Luft gejagt. Das neue Jahr bringt bereits jetzt in der ersten Woche neue Herausforderungen und zukünftige Aufgaben. So habe ich heut zu verkünden meine erste alleinige OP erfolgreich durchgeführt zu haben. Nachdem Eva nicht mehr in Haydom ist, und sie vor ihrer Abreise noch einmal intensiv abendlich fachbetreut hat mit einem aufmunterendem finalen "Du schaffst das schon" hab ich mich heut mit Ernst einem erfahrenen "Bauch" (Betonung liegt klar in diesem Gebiet begründet) Chirurgen an den ersten Ventrikuloperitonealen Shunt getraut. Für alle Nichtmediziner sei gesagt, dies ist ein Ventilsystem, welches einseitig in die Hirnwasserräume gelegt wird und dann getunnelt unter der Haut verläuft im Bauchraum endend, um das überschüssige Hirnwasser dorthin kontrolliert abzuleiten. Ja das bedeutet ich musste ein Loch in den Schädel bohren...mit einem quietschenden Handbohrer mit Kurbel und Aufsatz. Ich war zu Anfang so nervös, dass ich natürlich den Abend zuvor sämtliche Aufzeichnungen von Eva im abgeschlossenen Guest House liegen gelassen hatte und alle Schritte nur noch theoretisch in meinem Kopf rekapitulieren konnte. 10 Minuten vor OP hab ich noch eben Ernst in der Teeküche des OPs erklärt was und in welcher Reihenfolge zu tun ist. Er nickte nur zustimmend "Seems that you know what you are doing, sounds logic to me". Ernst hielt sich während der OP stets bewusst bescheiden zurück...auch wenn ich ihm einige Male einen bettelnden hilfesuchenden Blick zugeworfen habe, war er überzeugt genug zu entgegnen "Continue, its your operation, I am just assisting". Nun die OP lief wie geplant und man kann nun nur hoffen und abwarten, betend dass sich keine Infektion anbahnt. Das Kind zumindest hat bereits wieder begonnen bei der Mutter zu trinken, wirkt deutlich wacher und agiler und der Shunt scheint zu drainieren zumindest was mir der Ultraschall verrät. Das ist also meine neue Jahresaufgabe. Es gibt hier sehr viele Kinder mit Hydrocephalus ("Wasserkopf") meist infolge einer Dandy Walker Malformation oder einfach weil die Meningitiden nicht richtig auskuriert werden. Allerdings viel wichtiger als die eigentliche OP ist die postoperative und poststationäre Nachbetreuung. Eva und ich haben noch vor ihrer Abreise ein Nachsorgeprogramm entworfen bei welchem die Kinder wöchentlich Physiotherapie erhalten und ich sie Monatlich zu Anfang später vierteljährlich zur Nachsorge und zum Kontrollschall hier in der "Sprechstunde" sehe. Um sicher zu stellen dass die Eltern auch wieder kommen, übernimmt unser HaydomFriends e.V. Verein die Kosten für Physio und Anreise wenn notwendig. Diese Woche hatte ich schon 3 nachstationäre Rückkehrer, denen es allen 3 gut geht, und die wohl auch so wie ich gehört habe wöchentlich zur Physio kommen. Mal sehen wie sich das so verwirklichen lässt in Zukunft. Überdies hab ich zur Zeit in der Neo tatkräftige Unterstützung von einer norwegischen Neonatalschwester. Mit Hilfe der lokalen Nurses und "Mama Kedogo" der HEAD-NURSE und Chef- Hebamme des Departments haben wir einen seperaten Raum ein- bzw. umgerichtet war vorher eher ein Aufenthaltsraum für alle Zwecke...jetzt stehen dort neben der BIli-Lampe kleine Holzbetten und wir haben einen "Rea-Untersuchungs-Tisch" ... nicht lachen!! ... und einen Milchkühlschrank. Meine Idee heute, doch von Müttern mit etwas mehr Milcheinschuss Milch zu sammeln für all die kleinen Spucker und Lactogenersatzmilchnichtvertrager hat zunächst einiges Gekicher ausgelöst unter den anwesenden Müttern, "Mama Kedogo" hat ein paar schärfere Worte gesprochen und eine der Mütter hat ihr anschliessend eine extra Portion ihrer eigenen abgepumpten Milch gehändigt. Wie schön und so unkompliziert!!! Unser nächster Plan ist die Einrichtung eines seperaten Zimmers zum Kangoroohing. Dafür sollen hier extra Stühle geschreinert werden mit weichen Auflagen für die Mütter. Dann braucht es noch eine "Demonstrations-Vorbild-Mama" und etwas Eigenengagement. Die norwegische Kinderschwester hat sich neulich vor den Augen der neugierigen Anwesenden ein Frühchen erklärend unter in den eigenen Kasack gesteckt... grosse Augen der Beteiligten Getuschel und zT. auch das Gefühl sie haben verstanden worum es ihr ging. Ansonsten gibt es derzeit auch weiterhin viel auf der Lena-Haupstation zu tun, da aufgrund des feuchten Wetters natürlich die Rate der schweren Lungenentzündungen steigt. Häufig reichen da die Inhalationen nicht mehr aus so dass man härtere Geschuetze auffahren muss. Aminphyllin, Ketanest und Intubation erst gestern wieder bei einem 6 Monate alten Säugling. Anschliessend stabil mit ner 96 Sättigung. Dann verlässt man Abends die Station, bekommt keinen Anruf und nur die Meldung das Kind ist am frühen Morgen dann verstorben ... aber keine Ursachendokumentation, kein Anruf, einfach nur "Certified Death" in der Akte. Das ist schon sehr grenzwertig und entmutigend. Aber manchmal fällt halt einfach auch mit dem instabilen Stromnetz das Sauerstoffgerät aus und dann gibts keine Chance, ich weiss nicht was passiert ist. Mit diesem Unwissen muss man sich hier so oft zufrieden geben, was häufig nicht leicht fällt. Es ist ein fortwährender Kampf gegen hiesige Umstände, unterschiedlicher Arbeitsmoral und auch der Gewissheit sich manchmal selber in Schutz nehmen zu müssen um Verantwortung auch an andere abgeben zu müssen, denn selbst ein 24h Dauereinsatz würde daran im Endeffekt nichts ändern. Es ist schon schwer genug niemanden sonst fragen zu können.

Dienstag, 3. Januar 2012