Donnerstag, 5. Januar 2012

Neues Jahr, neue Herausforderungen!



Heri za Mwaka Mpya
Ein gesundes und frohes Neues Jahr allen Leseratten und Mentalunterstützern. Ich begruesse Euch heute in einem traditionellen Datoga-Outfit, dass mir eigens für die Neujahresfeier massgeschneidert wurde. Eigentlich war es ein Neujahresgeschenk einer sehr gut befreundeten Familie hier, denn ich hatte ja versprochen dem armen Dorfschneider hier eine kleine Pause zu gönnnen. So gesehen hatten wir eine sehr schöne Neujahresfeier mit Buffet und Karaoke nur auf das Feuerwerk mussten wir verzichten dass ist in ganz Tanzania nämlich untersagt...und nein alternativ wurden auch keine Frösche aufgepustet oder Glühwürmchen in die Luft gejagt. Das neue Jahr bringt bereits jetzt in der ersten Woche neue Herausforderungen und zukünftige Aufgaben. So habe ich heut zu verkünden meine erste alleinige OP erfolgreich durchgeführt zu haben. Nachdem Eva nicht mehr in Haydom ist, und sie vor ihrer Abreise noch einmal intensiv abendlich fachbetreut hat mit einem aufmunterendem finalen "Du schaffst das schon" hab ich mich heut mit Ernst einem erfahrenen "Bauch" (Betonung liegt klar in diesem Gebiet begründet) Chirurgen an den ersten Ventrikuloperitonealen Shunt getraut. Für alle Nichtmediziner sei gesagt, dies ist ein Ventilsystem, welches einseitig in die Hirnwasserräume gelegt wird und dann getunnelt unter der Haut verläuft im Bauchraum endend, um das überschüssige Hirnwasser dorthin kontrolliert abzuleiten. Ja das bedeutet ich musste ein Loch in den Schädel bohren...mit einem quietschenden Handbohrer mit Kurbel und Aufsatz. Ich war zu Anfang so nervös, dass ich natürlich den Abend zuvor sämtliche Aufzeichnungen von Eva im abgeschlossenen Guest House liegen gelassen hatte und alle Schritte nur noch theoretisch in meinem Kopf rekapitulieren konnte. 10 Minuten vor OP hab ich noch eben Ernst in der Teeküche des OPs erklärt was und in welcher Reihenfolge zu tun ist. Er nickte nur zustimmend "Seems that you know what you are doing, sounds logic to me". Ernst hielt sich während der OP stets bewusst bescheiden zurück...auch wenn ich ihm einige Male einen bettelnden hilfesuchenden Blick zugeworfen habe, war er überzeugt genug zu entgegnen "Continue, its your operation, I am just assisting". Nun die OP lief wie geplant und man kann nun nur hoffen und abwarten, betend dass sich keine Infektion anbahnt. Das Kind zumindest hat bereits wieder begonnen bei der Mutter zu trinken, wirkt deutlich wacher und agiler und der Shunt scheint zu drainieren zumindest was mir der Ultraschall verrät. Das ist also meine neue Jahresaufgabe. Es gibt hier sehr viele Kinder mit Hydrocephalus ("Wasserkopf") meist infolge einer Dandy Walker Malformation oder einfach weil die Meningitiden nicht richtig auskuriert werden. Allerdings viel wichtiger als die eigentliche OP ist die postoperative und poststationäre Nachbetreuung. Eva und ich haben noch vor ihrer Abreise ein Nachsorgeprogramm entworfen bei welchem die Kinder wöchentlich Physiotherapie erhalten und ich sie Monatlich zu Anfang später vierteljährlich zur Nachsorge und zum Kontrollschall hier in der "Sprechstunde" sehe. Um sicher zu stellen dass die Eltern auch wieder kommen, übernimmt unser HaydomFriends e.V. Verein die Kosten für Physio und Anreise wenn notwendig. Diese Woche hatte ich schon 3 nachstationäre Rückkehrer, denen es allen 3 gut geht, und die wohl auch so wie ich gehört habe wöchentlich zur Physio kommen. Mal sehen wie sich das so verwirklichen lässt in Zukunft. Überdies hab ich zur Zeit in der Neo tatkräftige Unterstützung von einer norwegischen Neonatalschwester. Mit Hilfe der lokalen Nurses und "Mama Kedogo" der HEAD-NURSE und Chef- Hebamme des Departments haben wir einen seperaten Raum ein- bzw. umgerichtet war vorher eher ein Aufenthaltsraum für alle Zwecke...jetzt stehen dort neben der BIli-Lampe kleine Holzbetten und wir haben einen "Rea-Untersuchungs-Tisch" ... nicht lachen!! ... und einen Milchkühlschrank. Meine Idee heute, doch von Müttern mit etwas mehr Milcheinschuss Milch zu sammeln für all die kleinen Spucker und Lactogenersatzmilchnichtvertrager hat zunächst einiges Gekicher ausgelöst unter den anwesenden Müttern, "Mama Kedogo" hat ein paar schärfere Worte gesprochen und eine der Mütter hat ihr anschliessend eine extra Portion ihrer eigenen abgepumpten Milch gehändigt. Wie schön und so unkompliziert!!! Unser nächster Plan ist die Einrichtung eines seperaten Zimmers zum Kangoroohing. Dafür sollen hier extra Stühle geschreinert werden mit weichen Auflagen für die Mütter. Dann braucht es noch eine "Demonstrations-Vorbild-Mama" und etwas Eigenengagement. Die norwegische Kinderschwester hat sich neulich vor den Augen der neugierigen Anwesenden ein Frühchen erklärend unter in den eigenen Kasack gesteckt... grosse Augen der Beteiligten Getuschel und zT. auch das Gefühl sie haben verstanden worum es ihr ging. Ansonsten gibt es derzeit auch weiterhin viel auf der Lena-Haupstation zu tun, da aufgrund des feuchten Wetters natürlich die Rate der schweren Lungenentzündungen steigt. Häufig reichen da die Inhalationen nicht mehr aus so dass man härtere Geschuetze auffahren muss. Aminphyllin, Ketanest und Intubation erst gestern wieder bei einem 6 Monate alten Säugling. Anschliessend stabil mit ner 96 Sättigung. Dann verlässt man Abends die Station, bekommt keinen Anruf und nur die Meldung das Kind ist am frühen Morgen dann verstorben ... aber keine Ursachendokumentation, kein Anruf, einfach nur "Certified Death" in der Akte. Das ist schon sehr grenzwertig und entmutigend. Aber manchmal fällt halt einfach auch mit dem instabilen Stromnetz das Sauerstoffgerät aus und dann gibts keine Chance, ich weiss nicht was passiert ist. Mit diesem Unwissen muss man sich hier so oft zufrieden geben, was häufig nicht leicht fällt. Es ist ein fortwährender Kampf gegen hiesige Umstände, unterschiedlicher Arbeitsmoral und auch der Gewissheit sich manchmal selber in Schutz nehmen zu müssen um Verantwortung auch an andere abgeben zu müssen, denn selbst ein 24h Dauereinsatz würde daran im Endeffekt nichts ändern. Es ist schon schwer genug niemanden sonst fragen zu können.

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