Samstag, 14. April 2012

Die Geschichte des einsamen Zahnarztstuhles

Die tanzanianische Angst vor dem Zahnarzt scheint sich vom europäischen Unbehagen einem Untersuchungsstuhl gegenüberstehend zu unterscheiden. So jedenfalls stehen die Mütter der Frühchen bereitwillig und geduldig wartend an, wenn es um das Sitzplatzrecht auf dem neuen heissbegehrten Zahnarztstuhl geht. Ausgegraben wurde das gewaltige Schmuckstück aus einem alten vergessenen Container. Monströs und scheinbar unvermittelbar wurde es erst einmal unter
Mithilfe vieler starker Hände auf die Frauenstation gewuchtet unter der Annahme es sei als Untersuchungsstuhl zu gebrauchen. Stiefmuetterlich und einstimmig von den Schwestern und Ärzten der Gynäkologie abgewiesen haben sich Pädiater und Neo-Schwester seiner erbarmt und ihm Asyl im Frühchenzimmer gewährt. So sollte er sich in unseren Bestrebungen das Känguru-hing einzuführen als nützlich beweisen. Bei dieser Methode soll über direkten nackten Hautkontakt des Frühchens mit der Mutter oder dem Vater die Bindung gefestigt werden, ausserdem hält es die Körpertemperatur des Kleinen, das dabei auf die Brust des Elternteils gelegt und von der abgewandten Seite mit einer Decke umwickelt wird, also wie in einem Känguruhbeutel, in einem gesunden und ausreichend warmen Bereich. Leider haben wir dafür bisher vom Workshop nur einen Neigungsverstellbaren Holzstuhl mit weicher Auflage zur Verfügung gestellt bekommen. Wenn man sich jetzt fragt was angesagter ist um mit dem Kleinen auf der Brust gemeinsam zu ruhen ... der bequeme verstellbare und mit weicher Auflage versehene Holzliegestuhl... nein es ist tatsächlich der globige harte Zahnarztuntersuchungsstuhl den die Mütter bevorzugen. Vielleicht weil er so hypermodern und teuer aussieht...wahrscheinlich auch ist...macht das gemeinsame Kängu-Ruhen gleich doppelt Spass. Das nenn ich interdisziplinäre dentoneonatologische Flexibilität.

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