Sonntag, 23. Dezember 2012

Gedanken zum Jahresende


Während Europa gerade unter einer weissen Decke aus Schnee verschwindet, hat in Haydom gerade die lang ersehnte Regenperiode begonnen. Das ausgetrocknet rot-staubige Land liegt durstig vor mir, während ich meinen Blick vom Garten ins Tal schweifen lasse. Mein kleiner Gartenteich hat mehr als ein Drittel seines Wassers verloren und die Fische haben sich auf den Grund verzogen. Der Regen ist für viele Familien überlebenswichtig denn mit ihm kann die Aussaht des Mais begonnen werden. Durch die lange Trockenzeit werden die Fälle von Unterernährung immer zahlreicher und die Milch reicht gerade einmal für die Hälfte der Kinder. Das neue Ernährungsprogramm steckt noch in seinen Kinderschuhen. Es beeinhaltet neben 3 warmen Mahlzeiten am Tag auch ein präventives Schulungsprogramm für die Eltern bevor sie mit ihren Kleinen wieder ins Dorf zurückgeschickt werden.  Man möchte meinen Milch sei eigentlich überhaupt kein Problem bei all den muhenden Artgenossen hier, aber in der Tat steht der Station nur täglich eine Menge von 4-5 Litern zur Verfügung die sich bis zu 20 Kinder teilen müssen. Das das nicht ausreicht ist kalkulierbar. Es ist ruhig geworden in Haydom, all die Mzungu Doctors, bis auf Norbert  (Professor, plastischer Chirurg, Anästhesist, Orthopädischer Chirurg und all round talent)  aus Californien, der hier schon genau so zum regelmässig wiederkehrenden Inventar gehört wie ich)  haben das Rote-Land im weihnachtlichen Flieger nach Hause verlassen. So sind es derzeit nur Vickie und ich die Gesamtstation und Frühchenstation betreuen. Die Interns sind bereits lange fort. Sie waren eine wichtige Stütze für die Klinik, für Wochenendvisiten, Aufnahmen und Bereitschaftsdienste aber es werden wohl so schnell keine neuen mehr nachfolgen…Gerüchten zufolge lag der Regierung eine Beschwerde vor, die besagt, so lang in Haydom keine Specialists anwesend sind stehen der Klinik keine Interns zu, was einem halben Disaster gleich kommt, weil es für die verbliebenen wenigen ärztlichen Kollegen 24 h Dienste nonstop bedeutet.  Vicky und ich geben uns Mühe alle Kinder zu versorgen aber manchmal findet man den Weg nur schwer aus dem Bett wenn fast täglich nachts das Telefon klingelt.  Dennoch habe ich grössten Respekt vor all den Schwestern Lena Wards und der Neugeborenenstation die mit der dünnen Besetzung versuchen alles umzusetzen. Dort wo früher die Verantwortlichen verschwunden sind wenn es schwierig wurde, kommen jetzt viele helfende Hände ins Spiel wenn Not am Mann ist. Man umarmt sich zur Morgenbegrüssung, man lädt sich gegenseitig zum Kaffee ein, es wird versichert dass man sehr vermisst wurde wenn man mal über ein Wochenende verreist war, sie fangen an über meine Witze zu lachen und mich nicht immer ganz so ernst zu nehmen, wenn ich es nicht sein will. Nach wie vor versuchen die Oberschwestern mich mit ihren Söhnen zu verheiraten und die Jungschwestern sind mehr als interressiert zu lernen. Und was mich betrifft ich baue meine chirurgischen Fähigkeiten weiter aus. Bastle VP-Shunts ein und operiere Spinas. Mit dem Rehabilitätszentrum im Moshi , die mich mit Shunts versorgen versuche ich ein Postoperatives Nachsorgeprogramm hier zu initiieren, bei welchem die Kinder  ihre Nachsorgeuntersuchungen, die Eltern Einweisung und Schulungen im Katheterisieren und Umgang mit den Kleinen bekommen, und Moshi das nötige Zubehör und eventuell Fort-und Ausbildung einiger Schwestern und Ärzte anbietet. So soll ich im Januar Catherine einer Kinderchirurgin in Arusha in den OPs folgen und dann Igogo , einem Jungchirurgen hier mein Wissen weiterreichen. Wenn sich die Besetzung aber hier nicht ein bisschen verbessert wird das wohl schwer werden. Momentan plane ich den Einkauf mehrerer sonderangefertigter Rollstühle für die bettlägerigen CP- und HC- Patienten die entlassungs- aber nicht lauffähig sind.












 

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