Freitag, 10. Dezember 2010

Ich frage mich warum man Arzt wird, wenn man doch so wenig ausrichten kann dagegen das einem unter den eigenen Händen die Kinder sterben. Man kämpft eine ganze Nacht, belebt wider, bleibt am Ball, man glaubt es geschafft zu haben, das Kind zu stabilisieren und wenn man man es dann nicht erwartet dann schlägt das Schicksal zu dreht das Rad noch einmal herum und man findet sich erneut in einer frustranen Widerbelebung in der man nicht imstande ist, den Beatmungsbeutel oder das aufgezogene Adrenalin zur Seite zu legen und das Kind frei zu geben. Es ist bald als wird man immer wieder auf bzw. an seine eigenen Grenzen gestossen. Die letzte Nacht hat eindrücklich gezeigt, dass man als Mensch selbst nicht in der Lage ist übermenschliches zu tun.
Wenn man hier in Haydom so dicht am Krankenhaus wohnt macht man es sich zur Gewohnheit immer noch einmal ein Abendrunde über die Station zu drehen, so wie andere die Tagesschau gucken, so schau ich immer noch einmal gern überall vorbei um nach dem Rechten zu fragen oder zu sehen. Dabei fand ich gestern Abend unerwartet ein von zu Haus gebrachtes schlecht atmendes Neugeborenes mit Mekonium (Kindspech) in den Lungen, schnell war klar das Kind gehört intubiert, das geschah dann auch, als parallel dazu ein kleines Frühchen (Zwilling) daneben auch beschloss mit dem Atmen aufzuhören...das intubiert man dann auch und eh man sich versieht wird aus dem abendlichen Routinerundgang eine doppelte parallele Widerbelebung und eine Schwester, die mit je einer Hand rechs und links von ihr die Neugeborenen bebeutelt.schlaue Textbuch befragt so steht geschrieben: eine Widerbelebung kann nicht improvisiert werden, entscheiden für den Erfolg ist der Erfahrungsstand und die perfekte Vorbereitung...das klingt wie pure Ironie, wenn plötzlich Sauerstoffgerät ausfallen, man sich mit Rasierklingen Schläuche und Absaugkatheter zurechtschneidet um das letzte bischchen Sauerstoff zum Kind zu bringen...dazu kommen nicht vorhandene Notfallmedikamente oder Schwestern die sich langsamer als die Schnecken bewegen...da steht man dann tropfnassgeschwitzt von den Raumtemperaturen...drückt auf zwei kleine Kinderkörper..geht mit einem schlechten Gefühl schlafen, verliert das eine wenige Stunden später und das andere, was man eigentlich schon über den Berg glaubte, am darauffolgenden Tag unter den gleichen Umständen. Es fühlt sich an als renne man ununterbrochen der Zeit hinterher und die Geschehnisse sind einem immer einen entscheidenen Schritt voraus, egal wie sehr man rennt und sich beeilt. Dann bleibt die Frage, was bleibt einem als Arzt da zu tun? Die hiesige Bevölkerung glaubt ja, dass mit dem erstmaligen Aussetzen der Atmung oder des Herzschlages das Schicksal und der Tod besiedelt ist, als westlich aufgeklärter Mediziner versucht man natürlich sie mit aller Gewalt vom Gegenteil zu überzeugen, aber ich muss mir eingestehen, bisher haben sie fast Recht behalten, am Ende zumindest. Trotzdem geb ich nicht auf...es lohnt sich, wenn man auch nur eines retten kann.

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